Wie war das genau?

Wie war das genau?

Das Arakan Nature Lodge Projekt begann im Jahre 2012. Ich hatte soeben meine erste Staffel Aufbauarbeit als SPA Trainer und Gästebetreuer in einem neuen Luxushotel in Ngapali Beach zu Ende gebracht. Endlich war ich frei, die wilde, kaum bereiste Küste Süd-Rakhines hinunter zu fahren und ich war besonders gespannt darauf, Kanthayar und Gwa zu entdecken. Ich hatte das Bedürfnis mit eigenen Augen neu sehen zu lernen, wo denn nun die Freiräume in einer anders ausgerichteten, organischeren Form von Tourismus liegen könnten. Ehrlich gesagt verliess ich Ngapali mit mehr Fragen zu Beach Tourismus als mit guten Antworten.

Die Tatsache, dass ich selber nicht vom Hotelfach war, gilt mir im Nachhinein als eine Art Segen dafür, frisch von der Leber weg einfach viele Beobachtungen zuzulassen und mit Herz und Geist zu hinterfragen. Am Ende jener ersten sieben Monaten harter Arbeit im Paradies trug ich einiges an "Gepäck" mit mir mit, als ich den Bus gen Süden nahm:

  • Die extreme Lücke und hart gezogene Grenze zwischen der Lokalbevölkerung auf der einen Seite von Ngapali's Hauptstrasse, dann die aufgepeppten Hotelanlagen auf der anderen Strassenseite.
  • Die klare Bevorteilung eines hochpreisigen Strandtourismus, welche den teils sehr reichen Hoteleigentümer noch mehr Cash in die Hände spielte.
  • Ignoranz, Gier und Gleichgültigkeit bezüglich der Nutzung und Teilung natürlicher Ressourcen wie sauberes Wasser, Elektrizität und Nutzung des Strandabschnittes zwischen Hotels und der Lokalbevölkerung.
  • Ein Scheu, dem wenig entwickelten Arbeitsrecht zu folgen und ein schockierende Situation bezüglich Abfallentsorgung.
  • Eine scheinbar zufällige, gesetzlose Bautätigkeit welche grosse, nicht wieder gut zu machende "Abdrücke" hintereliess. Dahinter verbargen sich auch zwielichtige Landeigentümer, denen es ganz egal zu sein schien, die Naturschönheit von Ngapali mit ihren Aktivitäten aufs Spiel zu setzen.

Mir war klar, dass Lösungen zu diesen Problemen nicht in meinem Einflussbereich lagen, sondern vielmehr mit kurzfristigem Denken der Hotelbesitzer und der Art der lokalen Verwaltung zu tun hatten. Verwegen dämmerte es mir, dass ich doch aber meine kritischen Beobachtungen positiv umsetzen könnte, indem ich ein Strand-Gästehaus erbaute, das der Ignoranz und dem Bereicherungswahn, der diese Industrie zu prägen schien, eine klare Absage erteilen würde.

Nach einer vierstündigen, holprigen Fahrt mit dem Überlandbus erreichte ich Kanthayar, nahm ein Zimmer im lottrigen vom Militär betriebenen Gästehaus und fühlte mich in eine andere Welt versetzt. Die nächsten Tage verbrachte ich mit Entdeckungstouren zu nahen Stränden und durch ferne Dörfer, bis ich schliesslich im Dorf Zikhone am Strand sass...und mir die Augen rieb! Ich sass da mit einem wundersamen Gefühl des Angekommen seins! Der Strand öffnete sich buchtartig mit weissem Sand zum Meer, zwar kleiner als Ngapali aber nicht zu klein. Der Strand fiel zum schwimmen perfekt sanft in die See und präsentierte sich mit grünen Hügeln pittoresk eingerahmt. Dazu kam, dass ich in diesem Dorf Zikhone eine ganz eigene, fast mit den Händen zu greifende, friedvolle Atmosphäre ausmachte. Die Originalität des hiesigen Lebens berührte mich tief.

Der Rest unserer Geschichte erscheint mir im Nachhinein als natürliche Folge dieses ungewöhnlich berührenden ersten Besuches in Zkhone. Es gelang mir, meinen langjährigsten, besten Burmesischen Freund für die Idee zu begeistern, an diesem ursprünglichen Ort ein Eco Lodge Projekt zu initiieren. Per Handschlag versicherte er mir sein Interesse und dies war dann gleichzeitig der Beginn eines langen, abenteuerlichen Unterfangens: Das Unmögliche möglich zu machen um das Arakan Nature Lodge Projekt in Zikhone aus der Taufe zu heben.

Zurück zum Start!

Während der Saison 2012-13 arbeitete ich erneut im gleichen Hotel in Ngapali. Ich wollte weiter lernen, was es heisst, hier in Myanmar ein Hotel zu betreiben. Dabei erhielt ich Gelegenheit, am lokal veranstalteten Workshop zur Evaluierung der Situation Ngapalis teilzunehmen, der von Dr. Paul Rodgers und seinem Team organisiert worden war. Paul arbeitete an der Entwicklung eines neuen nationalen Tourismus-Masterplans. Dieses Treffen, an dem Hotelbesitzer und Manager, Restaurants Betreiber, Bootsleute als auch Regierungsabgeordnete teilnahmen, zeigte erneut, welch schwierige Themen der Tourismus hier mitverursacht: Sanddiebstahl vom Strand, fehlende Abfallentsorgung und unfaire Verhältnisse der Nutzungsrechte am Strand und vieles mehr. Mein Gefühl, dass mit dem Badeferien-Tourismus so vieles nicht stimmte (woanders auf der Welt ja auch), bestätigte sich aufs Neue.

Forschung

Nach Abschluss meiner zweiten Saison Lernerfahrung in Ngapali reiste ich erst nach Bali, dann nach Ghana und Kenia um zum Thema Eco Lodges mehr in Erfahrung zu bringen. Es war spannend und lehrreich mit den Eigentümern einiger Lodges selbst sprechen zu können. Diese Begegnungen und das direkte Erleben der Eco Lodges vor Ort zeigten mir, wie vielfältig die Schattierungen im Grad von ökologischer Innovation und ökologischem Bau- und Betriebskonzept tatsächlich sind. Es wurde mir auch klar, wie Werbung mit Ökobegriffen teils als leere Modeerscheinung, teils sogar als "Greenwashing" auf eine wachsende Zahl öko-bewusst Reisender abzielt um diese anzulocken, ohne dass echtes Engagement mit Facts und Figures dahinter steht.

Öko Tourismus

Im September 2013 nahm ich an der Konferenz "Ecotourism and Sustainable Tourism" teil welche durch TIES (The International Ecotourism Society) in Kenia organisiert wurde. Ich besuchte einen Workshop zu Eco Lodges Bauplanung und Technik, der von Hitesh Mehta, einem weltbekannten Eco Lodge Architekten, gegeben wurde. Ich lernte in den Grundzügen, was eine wirkliche Eco Lodge ausmacht. In Diskussionsrunden und anderen Workshops waren Leute wie Karen Lewis, die Eigentümerin der weltberühmten Lapa Rios Eco Lodge in Costa Rica, präsent. Die Gründerin des ebenso preisgekrönten Chumbe Island Coral Park in Sansibar, Sybille Riedmiller, war auch mit von der Partie. Der zivile Ingenieur Chris Rollins hielt einen Vortrag zum Thema Green Technologies für Eco Lodges der die Vor- und Nachteile einzelner Techniken und Systeme aufzeigte. Kurz - die Konferenz lieferte mir eine solche Menge an Kontakten zu faszinierenden, engagierten Personen und inspirierte mich zutiefst, es nun selber anzupacken: Wir würden Myanmars erste echte Eco Lodge bauen!

Mit Architekten

Zurück in der Schweiz setzte ich mich mit Architekten an den Tisch. Dies war aufschlussreich insoweit, dass mir folgende Frage bewusst wurde: Wollte ich etwas total Neues, Innovatives mit rezyklierten und/oder nachhaltigen Materialien bauen? Oder wollte ich, in Anlehnung an die traditionelle Bauweise in Rakhine State, Besuchern die Erfahrung des Lebens in authentischen, lokalen Häusern mit ihren offensichtlichen und versteckten Vorteilen gegenüber den Beton und Glasbauten Ngapalis ermöglichen?  Nicht ohne zu zögern wählte ich schlussendlich die zweite Variante. Ein Schweizer Star-Architekten Ehepaar gab mir folgenden Rat: Nimm ja keinen Architekten! Kaufe einfach alte Häuser der Gegend auf und baue sie relativ originalgetreu mit lokalen Handwerkern wieder auf. Danach investiere möglichst viel in die Inneneinrichtung und das Gesamtresultat. Architekten...warnten mich also vor ihresgleichen!

Wie es das Glück wollte, lernte ich hernach einen echten Kenner seines Handwerks, den burmesischen Architekten U Aung Soe Myint, kennen. Er verstand sofort was bei meinem Projekt auf dem Spiel stand und versicherte mir seine Unterstützung. Er hatte kurz zuvor den Bau des Fünfsterne-Resort Nga Laik Khantar in Nay Pyi Taw, Myanmars neuer "Geisterhauptstadt", fertig gestellt. Dies Resort bestand ganz aus alten, neu wiederaufgebauten Bamar Dorfhäusern. Aung Soe Myint wurde uns treuer Freund und Berater in der Planung unserer Lodge indem er auch die Pläne zur Baueingabe für uns zeichnete ohne dabei unsere Eigenwilligkeit zu opfern. Wir sind echt glücklich ihn bei diesem Projekt als exzentrischen, zutiefst humanen Menschen und Experten dabeizuhaben. Im ganzen Prozess hat er uns viel herzhaftes Gelächter und Spass beschert!

Dann erhielten wir Besuch von Chris Rolins aus Afrika, dem Ingenieur, dem ich auf der Eco Tourism Konferenz zugehört hatte. Chris inspizierte unseren Bauplatz und gab uns erste Hinweise zur Umsetzung des grünen Gedankens. Er half uns bezüglich der Berechnung der Dimensionen und der Eignung grüner Betriebssysteme. Ein solares Inselsystem zur Energieversorgung lag auf der Hand. Chris skizzierte auch unsere Frischwasserversorgung und die Grauwasser-Entsorgung/Wiederverwendung. In den Gesprächen näherten wir uns den Urin separierenden Kompostiertoiletten an, deren Einsatz in einem "Hotel" hier im Lande einer kleinen Revolution gleichkäme - in ganz Myanmar ist uns niemand bekannt der diese Art der Sanitation praktiziert. Zuerst fand ich die Idee extrem, doch bei näherem Hinsehen machte sie echt Sinn. Wir würden ja alles Frischwasser aus unseren offenen Brunnen beziehen. Es lief mir gegen den Strich, aus unserem kostbaren Wasser Schwarzwasser zu produzieren und im gleichen Erdreich aufzubewahren. Abwassertanks könnten in der Regenzeit auch leicht überflutet werden, da dann der Grundwasserspiegel teils Bodenebene erreicht. Hatte ich davon nicht woanders schon genug gesehen?

Packen wir's an!

Im 2014 wurden unsere zwei Partnerfirmen, die Arakan Nature Lodge Co. Ltd. meiner lokalen befreundeten Partner und EcoStart Myanmar Co. Ltd., meine eigene Firma, gegründet. Meine Firma hilft mit bei der Planung und Finanzierung und leitet nach Eröffnung den Betrieb dieser ersten Eco Lodge Myanmars.

Heute, 2016, nach vier Jahren des Meisterns der lokalen Bürokratie und durch das Engagement neuer lokaler und Schweizer Partner haben wir alle Bewilligungen und Genehmigungen "im Sack" und unsere Bauphase 1 kann aufstarten. Der Baustart fällt in den Zeitraum, wo die neue, erstmalig demokratisch gewählte Regierung während 100 Tagen im Amt war. Wir freuen uns in grosser Erwartung auf weitere den sanften und entwicklungsorientierten Tourismus unterstützend Neuerungen auf Regierungsebene.

Unsere Mission mit Arakan Nature Lodge

  • Ein grünes Bau- und Betriebskonzept zu schaffen, das für Myanmar Modellcharakter hat: 100%ige, rund um die Uhr erhältliche solare Energieversorgung - ein nachhaltige Frischwassernutzung - naturgemässe Grauwasserentsorgung - EcoDry Luxus-Kompostiertoiletten - Abfall- und Grauwasser-Recycling.  
  • Ermöglichung eines kulturell verbundenen, jedoch unaufdringlichen Gasterlebnisses abseits gängiger Touristenpfade. Wir bieten unseren Gästen ein Gefühl der Zugehörigkeit mit grosszügigem Raum für Eigenes und mit Echtzeit in der Natur. Deren grosse Geschenke sind: Abgeschiedenheit und Abenteuer.
  • Eine naturgemässe Pflege unseres Geländes mit Naturschutz-Initiativen, die auch in unser Dorf und ins umliegende Küstengebiet getragen werden.
  • Ein Engagement mit respektvollen Investitionen um die Armut und Perspektivenlosigkeit im friedlichen Süd-Rakhine State zu mildern. Dieser gilt  als einer der ärmsten Bundesstaaten Myanmars. Wir schaffen Arbeitsplätze im pittoresken Dorf Zikhone und arbeiten direkt mit dem offensichtlichsten Potential dieser wunderschönen Gegend für nachhaltigen Tourismus.

Unsere Bauphilosophie ist zum heutigen Tag definiert. Wir werden unsere Lodge mit lokalen Zimmermännern der umliegenden Dörfer bauen. So können wir sicherstellen, dass der grösste Teil der Baukosten direkt den Gemeinschaften hier zu gute kommt. Wir bauen mit nachhaltigen oder rezyklierten, lokalen Materialien und in manueller Technik.

Indem wir der Schönheit dieser Materialien Geltung verschaffen, teilen wir mit unseren Gästen die erfrischende, gemütliche "Logik" des lokalen Lebens, also ob sie komfortabel in einem Rakhine Dorf Herberge gefunden hätten. Bis zum heutigen Tag ist es Touristen in Mynamar nicht erlaubt in privaten Häusern und in Dörfern zu übernachten.

Sozial engagiert sich unser Team, indem wir Krankentransporte ausführen und bei der Verbesserung von Dorfstrassen. In Zukunft hoffen wir, Expertenwissen einbringen zu können um  die Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt zu unterstützen. Auch Naturschutz und Pflege der Küstenabschnitte liegt uns am Herzen. In unserer Gegend Eco Tourismus einzuführen liegt ganz einfach auf der Hand, auf dass sich neue Perspektiven für eine bessere Zukunft der lokalen Bevölkerung ergeben mögen.

Wir eröffnen unsere Lodge am 1. Oktober 2017 und hoffen natürlich dass Ihr hier zu Besuch kommt um alles mit eigenen Augen zu sehen. Wir laden Euch ein dazu, selbst zu entdecken, was unsere Lodge im Kontext von Myanmar so anders macht - grün von A bis Z - im weiten Raum der Natur. Zu aller Oberst steht da die Entdeckung unseres herrlichen Strandes, wo Schwimmen echt Spass macht und sicher ist. Das kristallklare Wasser unserer Bucht ist eine Wucht.

Unser vertrautes Team und unsere Dorfführer können Euch mit der Gemeinschaft bekannt machen und - falls Ihr dies wünscht - Euch einweihen in die althergebrachte Lebensweise der Bewohner dieser abgelegenen Weltgegend. Sie zeigen Euch versteckte Pfade über grüne Hügel und Wälder und führen Euch gerne durch die Natur.

Mit herzlichem Dank für Euer Interesse

Myo Kyaw Thu
Arakan Nature Lodge Projekt Direktor, ohne den dieses Projekt wohl nie zu Stande gekommen wäre!

Ueli Morgenthaler
ECOSTART MYANMAR